Im April 2019 erlitt Osprey Athletin Anne Wangler einen schwerwiegenden Ski Unfall. Als Deutsche Freeride Skifahrerin ist Anne in den Bergen zu Hause und puscht sich gerne einmal ans Limit.
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Neun Monate nach dem grauenhaften Unfall steht die Freeride Skifahrerin wieder langsam auf den Beinen und ist wieder in den Bergen anzutreffen. Anne Wangler erzählt mehr über ihren Unfall und ihr Leben als Freeride Skifahrerin:
„You´ll come back stronger.“ Als ich das im Januar 2018 nach einem Sturz in Kanada beim Heliskiing das erste Mal hörte, hoffte ich, es sei das letzte Mal. So schnell irrt man sich – und genauso schnell kann einem der nächste Unfall passieren. Die Frage ist nur – lässt man sich davon aufhalten in dem, was man liebt?
Glücklicherweise konnte ich mich 2018 innerhalb von 9 Wochen zurückkämpfen, sodass das angebrochene Schienbein nicht das Saisonende bedeutet hat. Und so ging es für mich kurz darauf zum Filmen nach AK. Alaska, baby!
Es wurde die bisher intensivste Saison: Österreich, Schweiz, Colorado, Wyoming, Alaska, es ging Schlag auf Schlag…mit einer kurzen Verletzungspause aufgrund des Sturzes.
Bis Anfang April sah es nach der Saison meines Lebens aus.

Bild bei © Mia Maria Knoll
Wie soll man das noch toppen?
Letzte Saison hat dann so angefangen wie die vorige aufgehört hat. Es hätte die beste Saison meines Lebens werden können…hätte. Bis Anfang April war sie das auch, der Jahrhundertwinter in den Alpen, man sprach von „zu viel Schnee“, zwei Trips nach Utah/ USA, wo ich erfahren durfte was „richtiger“ Powder ist…Ich spreche von bis zum Kopf weg- tiefem Powder, so fluffig und leicht wie ich ihn noch nie erlebt habe. Es fühlte sich nicht mal mehr real an. Die Aussage von Lee Cohen, Fotograf und Erfinder des „Pow Shots“, wird mir für immer im Gedächtnis bleiben und könnte den Trip nicht besser beschreiben: „When you choke on powder, you know it´s a pretty descent day.“
Egal wo, ob daheim in den Alpen, Übersee oder sogar im Erzgebirge, wo ich aufgewachsen bin, wir hatten jeden Tag DEN besten Tag. Im Ernst.
Zurück aus den USA, drängte ich meinen guten Freund Roman für ein paar entspannte Runs mit ins Ötztal zu fahren. Gesagt, getan, jedoch nicht so entspannt wie einst geplant.
Abfahrt in Innsbruck 7:00 Uhr, Drop in 9:30, 10:30 vor Schmerzen schreiend (das wurde mir im Nachhinein berichtet) am langen Seil unter dem Helikopter, 11:45 unter dem Messer und ca. 2 Stunden später mit „etwas Unbehagen“ über die Situation wieder aufgewacht. Schien- und Wadenbeinbruch, Meniskus Ruptur, Popliteus Ruptur und naja… die restlichen Ligamente, außer das Kreuzband, schauten auch nicht mehr so frisch aus.
So schnell kann es gehen. Saison vorbei.

Bild bei © Lee Cohen

Bild bei © Anne Wangler
Krücken anstelle von Ski, Reha anstelle von Corn skiing, Traurigkeit anstelle von Leichtigkeit.
Es war nicht ganz easy, klar, es kann immer schlimmer kommen (und das hätte es auch) aber so wirklich cool ist eine Verletzung trotzdem nicht. Besonders am Anfang hatte ich recht zu kämpfen. Das Bein ähnelte eher einem verkrüppelten Ast mit komischen Beulen als einem Teil meines Körpers. An mir herunterblickend fühlte es sich nicht an als gehöre es zu mir. Nein, wir waren keine Buddies. Wir waren kein Team, ich und mein Bein. Ich habe nicht mit, sondern gegen das Bein gearbeitet!
Es war schlichtweg schwer zu glauben, dass es irgendwann wieder wie früher werden konnte: Sieht aus wie ein Bein, funktioniert wie ein Bein und tut nicht weh.
Die täglichen Stunden Reha gehörten zum Kampf
Besonders die Schmerzen waren sehr lange präsent. Die vielen Stunden in der Physiotherapie und im Kraftraum gehörten zum täglichen Kampf, der an beiden Fronten, Körper und Geist, alle Kraft kostete, die ich aufbringen konnte.
Ich hatte das große Glück mit einem der besten Therapeuten daheim am Olympiastützpunkt arbeiten zu dürfen (Danke Martin) und hatte natürlich auch den nötigen Rückhalt von Family und Freunden.
Obwohl die Rahmenbedingungen für die Genesung perfekt schienen (zumindest wurde mir das versichert), waren die Fortschritte winzig.
Ein Schritt vorwärts, am nächsten Tag zwei zurück und am nächsten Tag wieder von vorn.
Das zermürbt und irgendwann schlägt das auch auf das Umfeld über.

Bild bei © Sam Watson
„You´ll come back stronger!“
„You´ll be back on skis in no time.“
…ich konnte und wollte es nicht mehr hören.
Es tut gut, wenn vor Allem nahestehende Menschen Anteil nehmen, für dich da sind und Unterstützung anbieten. Jedoch konnte mir in der Situation keiner wirklich helfen. Ich war schlichtweg unzufrieden mit der Situation, vor Allem aber mit mir selbst und ich konnte und wollte die guten Zusprüche nicht mehr hören.
So sehr mich das Ganze auch mental gefordert hat, es hat mich auch einiges gelehrt. Mentale Stärke entsteht und wächst nur bedingt bei Sonnenschein. Kein Wachstum ohne Leidensdruck oder was es noch so für schöne Sprüche in die Richtung gibt.
Been there, done that…und habe etwas gelernt.
In einem der wichtigsten Punkte behielten meine liebsten Menschen recht.
Ich war bereits skifahren. Stark ist das Bein noch nicht aber 9 Monate nach dem Unfall bin ich zurück, wenn auch weit weg von meinem gewohnten Level. Aber die Hauptsache ist: ich stehe wieder auf Ski und das ist ganz, ganz wichtig. Denn es gibt mir mehr als alles andere, auf Ski bin ich daheim. Da bin ich, ich.
Auf Ski bin ich, ich
So langsam realisiere ich, dass ich mich diese Saison ausschließlich auf der Piste und nicht wie sonst, daneben, aufhalten werde. Es hat gedauert, aber ich finde mich damit ab.
Für dieses Jahr, die restliche Saison heißt es Vertrauen finden.
Nächste Saison?
Abenteuer, aufregende Trips, wilde Berge, große Lines, ein breites Grinsen und ein lachendes Herz . So ist der Plan und jetzt kann ich selbst sagen: “I’ll come back. Stronger!”
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