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Moreno Pesce: vom Unglücksfall zum Pionier

#ospreyeurope

Paralympics-Athlet und Osprey Markenbotschafter Moreno Pesce pflegt schon seit seiner Kindheit eine Passion für die Berge. In ihrer majestätischen Präsenz empfindet er Trost und Freude. Sein Leben nahm eine unerwartete Wende als ihm nach einem Motorradunfall ein Bein amputiert wurde. Trotz dieser Herausforderung weigerte Moreno sich jedoch, sich über seine Behinderung zu definieren. Stattdessen machte er sich auf eine beeindruckende Reise, entdeckte seine Liebe für die Berge wieder und löste immer wieder seine Grenzen auf. Seine Ausdauer hat ihn zu einem Vorbild, ja, einer Inspiration für die gesamte Vertical Racing Szene und alle Menschen werden lassen, deren Leben sich drastisch verändert hat.
In diesem Blogbeitrag tauchen wir in Morenos außergewöhnliche Geschichte ein und folgen ihm auf seinem Weg von der Ungewissheit hin zum Triumph.

Eine Wette, die ich gewann

Jeden Tag beim Aufwachen bin ich mir bewusst, dass ich an Treppen einen Handstand machen, beim Auf und Ab des Bürgersteigs aufpassen und mit Muskelkontraktionen klarkommen muss. Das Wichtige dabei ist aber, den Herausforderungen des Lebens mit einem Lächeln zu begegnen, denn ich habe Glück, dass ich noch lebe. Und mein Lächeln zaubert auch den Menschen um mich herum ein Lächeln ins Gesicht.
Moreno Pesce
Ich fühlte mich wie neugeboren, als ich endlich begriff, dass der einzige Unterschied zu vorher darin liegt, dass ich jetzt etwas langsamer laufe oder gehe. Und ich habe akzeptiert, dass ich Krücken zum Gehen brauche und schäme mich überhaupt nicht dafür. Ich bin sogar stolz darauf. Sie sind meine Reisebegleiter.
Als ich mit meiner Partnerin Antonella und einem guten Freund eine Woche im Urlaub in Val di Fassa war, ging es zum ersten Mal in die Berge, und zwar mithilfe meiner Krücken, die immer mit dabei sind. Das klappte hervorragend und jetzt, Jahre später, bin ich im Vertical unterwegs! Vielleicht bin ich ein bisschen „verrückt“, doch jedes Mal, wenn ich einen neuen Gipfel erklimme, bin ich so stolz auf das, was ich erreicht habe.

Eine Faszination für das Bergsteigen

Als ich noch körperlich gesund war, hatte ich Angst vor dem Bergsteigen. Es faszinierte mich zwar, aber ich habe mich nie getraut. Nach der Amputation wurden die Berge mit ihrer eindrucksvollen und unnahbaren Umgebung jedoch für mich ein Symbol für die Schwierigkeiten, denen sich amputierte Menschen mit Behinderung im Leben stellen müssen. Der weise und geduldige Lio De Nes nahm mich damals bei der Hand und führte mich zu meinem neuen Bergsteigerziel. Das war 2016. Es war definitiv nicht einfach, dem Seil zu „vertrauen“, unter dem es 70 Meter tief ins Nichts ging. Aber das Gefühl, auf dem Paternkofel zu stehen, war so befreiend!
Moreno Pesce
Im gleichen Jahr bestieg ich die beeindruckende Große Zinne in Auronzo di Cadore (BL). Dieser Gipfel ist in meinem Alltag immer präsent, denn ich sehe ihn von meiner Haustür aus. Ich finde gar keine Worte für die überwältigenden Emotionen, die mich überkamen, als ich den Gipfel erreichte!
Moreno Pesce
Die bisher schwierigste Herausforderung für mich war die Besteigung der Marmolata. Mit 3343 Metern stellt die „Königin der Dolomiten“ den höchsten Gipfel der Gebirgsgruppe. Meine Besteigung des Hauptgipfels, der Punta Penia, war hauptsächlich durch ein zweifaches mechanisches Versagen der Prothese, den Bruch einer Krücke und die resultierenden physischen Probleme geprägt. Aber ich habe es geschafft! Danach waren erst einmal 15 Tage völlige Ruhe angesagt und ich konnte meine Prothese aufgrund der Schmerzen nicht benutzen.

Vertical Racing und ich

Mit den Vertical Races fordere ich nur mich selbst heraus. Und niemanden sonst. Ich erinnere mich noch sehr gut an das erste Mal in Kitzbühel. Nach einer langen Vorbereitungszeit und mit viel Vorfreude auf das Event schaffte ich es oben auf die Streif, erschöpft, aber euphorisch. Es gab mir die Gelegenheit, viele Menschen zu treffen und mit ihnen all meine Zweifel und Ängste zu teilen. Doch das hielt mich nicht davon ab, die gesamte Tour in Angriff zu nehmen und dabei einige der berühmtesten Abfahrten der Weltcup-Piste zu erklimmen. Das zu schaffen war unglaublich für mich. Ich hätte nie gedacht, auch da ich nicht Ski fahre, dass ich auf Schnee bergauf Ski fahren könnte. Und es war so ein genialer Lauf!
Moreno Pesce
Jedes Rennen hat seine Geschichte, jede Piste ihre Magie. Die faszinierendste Herausforderung ist eine, die noch auf mich wartet. Ich schaue über den Tellerrand und suche nach etwas, das ich noch nie zuvor erlebt habe.
Ich hoffe, dass in Zukunft mehr Menschen mit Behinderung an diesen Rennen teilnehmen werden. Bisher habe ich sowohl nationale als auch internationale Trail Runs und Vertical Races absolviert. Das Bedeutsamste war dabei allerdings für mich, die Ziellinie bei verschiedenen Gelegenheiten zusammen mit anderen behinderten Menschen zu erreichen. Bei einer dieser Gelegenheiten entstand „Team3Gambe“. Auch das ist eine neue Herausforderung.

Auf zu Europas höchster Laufstrecke 

Im Juni 2023 führte ich ein Team aus Athleten und Athletinnen mit Prothesen und sensorischen Behinderungen – Cesare Galli, Loris Miloni, Luca Mazzola und Fabia Cossutta – auf die Route des Monte Rosa SkyMarathons®, um sie zu erklimmen.  Unsere Mission war es, den psychologischen Berg, den Behinderung darstellt, zu überwinden, indem wir uns den echten Bergen annehmen und zeigen, was möglich ist. Das Projekt, bekannt als „AMA-Bilmente 2023“, folgte der gleichen Route wie der höchste Skyrun Europas, hinauf zur Margheritahütte auf dem Monte Rosa auf 4554 Metern.
Unsere Komfortzone zu verlassen und zu versuchen, unsere Grenzen zu überwinden, war bereits ein Erfolg. Das Ziel des Teams war es jedoch, so weit wie möglich zu kommen. Und wir können alle zufrieden sein, denn fünf von fünf behinderten Athleten und Athletinnen schafften erfolgreich die 4000-Meter-Grenze.

Inspiration für andere

Neben neuen Herausforderungen und weiteren Gipfelbesteigungen in Italien im Rahmen von eigenen als auch Gruppen-Projekten ist es mein Ziel, diese Kraft, die mir wieder Leben eingehaucht hat, in jedem Menschen zu erwecken, der vielleicht gerade aufgeben will, weil sich etwas in seinem Leben unwiderruflich verändert hat.
Ich freue mich, wenn Menschen mich um Rat fragen. Das macht mich stolz, da ich das Gefühl habe, dass meine Erlebnisse nützlich sind. Die Idee dahinter ist immer dieselbe: Grenzen existieren nur in den Köpfen der Menschen und es ist unsere Aufgabe, zu versuchen, sie mit Taten aufzulösen.
Ich glaube, Behinderung besteht nicht unbedingt in einer fehlenden Körperfunktion, sondern darin, dass wir nicht all unsere anderen Talente einsetzen, um unsere Träume zu erreichen. Grenzen existieren wirklich nur in unserem Kopf, und es ist unsere Aufgabe zu versuchen, sie mit dem, was wir erreichen, zu durchbrechen. Das Wichtige dabei ist, den ersten Schritt zu gehen, und zwar mit der Entscheidung es zu „versuchen“. Glaubt es mir, das gilt immer.
Moreno Pesce

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