Trekking in Spanien mit „We Go Outside Too“
Die Organisation „We Go Outside Too“ (WGOT) wurde 2020 von Marlon Patrice in Großbritannien mit dem Ziel gegründet, die PoC-Communitys in den Städten durch Outdoor-Aktivitäten zu stärken und zu fördern. Mittlerweile ist Marlon Patrice in der Outdoor-Industrie sehr bekannt für seine Überzeugung, dass sich die Natur und das Draußensein positiv auf unser Wohlbefinden auswirken. Wir haben WGOT auf eine Wanderung in Spanien eingeladen, um mehr über die Organisation und ihre Beweggründe herauszufinden.
2020 verlor ich meinen Sohn Nasir auf tragische Weise bei einer Messerstecherei. Diese Art der Kriminalität sorgte in der Community unserer Stadt für große Beunruhigung und doch hätte ich nie gedacht, dass es unsere Familie treffen könnte. Nach diesem Verlust stellte ich fest, dass mir das Draußensein dabei half, mit meiner Trauer klarzukommen. Es spendete mir Trost. Ich entdeckte die heilende Kraft der Natur für mich und wusste einfach, dass ich diese Erfahrung mit anderen teilen wollte.
Und so rief ich „We Go Outside Too“ ins Leben, um jungen Menschen an diesem Ort den Zugang zu Outdoor-Aktivitäten in der Natur zu eröffnen und ihre Gesundheit sowie ihr Wohlbefinden zu stärken. Ich wollte einen Weg finden, um junge Menschen in meiner PoC-Community von Gangs und Gewalt fernzuhalten und stattdessen Frieden und Zusammenhalt zu fördern, damit sich Tragödien wie unsere nicht wiederholen.
Warum ist das Draußensein für dich so wichtig?
Bei WGOT steht die Natur für Freiheit, Verbundenheit und Abenteuer. Es ist unser Anliegen, für die Community einen sicheren Rahmen sowie Möglichkeiten zu schaffen, um gemeinsam die Natur zu entdecken.
In der Natur zu sein ist eine heilsame Erfahrung. Dabei können wir unsere Sorgen hinter uns lassen und miteinander ganz in den jetzigen Moment eintauchen. Ich durfte lernen, jeden Moment meiner Reise wahrzunehmen und das Leben fließen zu lassen, ohne es kontrollieren zu wollen.
Sind wir dabei von Menschen umgeben, die uns gut tun, spüren wir echte Verbundenheit. Wenn wir zusammen wandern gehen, erleben wir alle die gleiche menschliche Erfahrung und die Herausforderungen, die sie birgt. Indem wir uns gegenseitig unterstützen und als Team zusammenarbeiten, entsteht eine starke Verbindung. Dann können wir alles schaffen. Unsere Reise nach Spanien war ein super Beispiel dafür.
Unsere Gruppe ist sehr erfahren darin, kürzere Trails in den sanft geschwungenen Hügeln Englands zu erwandern. Längere Wanderungen in rauerem Gelände wie in Spanien unternehmen wir in der Regel nicht. Das war also eine Herausforderung. Aber zusammen haben wir jeden Abschnitt der Wanderung gemeistert und hatten viel Spaß dabei.
Wo seid ihr in Spanien gewandert?
Wir haben „La Catedral del Senderismo“ erwandert, die „Wander-Kathedrale“. Das ist eine 14 Kilometer lange Rundwanderung um Barranc de l’Infern, die auf 440 Höhenmetern im Örtchen Fleix in der Gemeinde La Vall de Laguar beginnt. Die Route wird auch „PR-CV 147“ genannt und ist sehr gut ausgeschildert.
Sie verläuft wie im Zickzack und bietet atemberaubende Ausblicke auf die Landschaft. Mein persönlicher Höhepunkt der Wanderung war das Erreichen des zweithöchsten Gipfels, etwas nach der Hälfte der Tour. Von dort aus siehst du weit hinter dir den Startpunkt des Trails. In diesem Moment war ich extrem stolz auf meine Leistung und das spornte mich wirklich dazu an, die Route zu schaffen. Blickt man dann auf den nächsten Teil des Trails, erscheint eine komplett andere Landschaft mit versengten Bäumen und weißen Blumen, einer der schönsten Ausblicke der Route.
Für welchen Moment bist du besonders dankbar?
Unsere Route war technisch gesehen nicht schwierig, dennoch waren die langen An- und Abstiege sowie das steile, felsige Gelände physisch herausfordernd. Unsere körperliche als auch unsere mentale Ausdauer wurde wirklich auf die Probe gestellt. Hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass mein Körper aufgeben wollte, aber wir unterstützten uns gegenseitig, hörten gut auf unseren Körper und legten Pausen ein, wenn wir sie brauchten. Es war so schön, das mit meinen Freunden und Freundinnen zu erleben, denn es fühlte sich an, als wären wir alle gemeinsam auf einer kollektiven heilsamen Reise unterwegs.
Es war ein besonderes Erlebnis, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem wir verletzlich sein, das Zusammensein genießen und dabei ganz wir selbst sein konnten. Ich war ganz ich selbst und meinen Freundinnen und Freunden ging es genauso. Sie mit ihrer Neugier, ihrem Überschwang, ihrer Kreativität und allen anderen Eigenschaften, die diese Wanderungen aus ihnen herausholte, zu sehen, ist so erfüllend. Wir haben neue Gesichter kennengelernt und ihre Geschichten und Erfahrungen in der Natur gehört, so konnten wir in Beziehung miteinander treten.
Außerhalb der Wanderung gefiel mir außerdem sehr, die Entschleunigung der spanischen Kultur zu erleben. Das Tempo war dort im Vergleich zu Großbritannien ganz anders – eine erfrischende Erfahrung. Es war interessant zu sehen, wie wichtig es wohl für die Menschen und Familien in Spanien ist, zum Essen zusammenzukommen und sich auszutauschen. Dadurch entsteht ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und Interaktion in der Familie. Für uns ist es völlig normal, ständig zu arbeiten. Dabei vergessen wir, dass wir Menschen sind. Mit einem Körper und einer Seele, die Ruhe, Erholung, Stille und einfach Raum zum Sein brauchen.
Wenn du mehr über „We Go Outside Too“ erfahren möchtest, schau auf ihrer Website wegooutsidetoo.com vorbei oder folge @wegooutsidetoo auf Facebook, Instagram, Twitter und Linkedin.